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Über die Challenge, eine therapeutische Weiterbildung zu überleben oder warum Machtmissbrauch in therapeutischen Weiterbildungen ein Thema ist

Oh ja… diese Überschrift klingt sehr überspitzt. Ich weiß. Und gern würde ich viel mehr aus dem Nähkästchen plaudern als es mir erlaubt ist. Weiterbildungen sind doch gut, oder? Na klar – würdest Du jetzt sofort sagen. Da lernen wir eine Menge und feiern auch, das wir unser ganzes liebes Therapeutenleben lang weiterlernen dürfen. Hechel Hechel. Ein Zertifikat nach dem anderen. Ist doch sooooo schön. Und wer da nicht mitmacht – der hat einfach den Anschluss verloren. Meint man. Fachlich inhaltlich könnte da was dran sein. Daneben gibt es besonders –  aber – nicht ausschließlich in therapeutischen Weiterbildungen, also osteopathische, psychotherapeutische oder auch in Yogaweiterbildungen, immer noch die zwischenmenschliche Komponente. Heute möchte ich also nur einen kleinen aber kritischen Ansatz wagen, warum ich mittlerweile sehr genau hinschaue, welche Weiterbildungen ich mir buche. Einen Ansatz, der auch Dir Mut machen soll, wirklich genau hinzuschauen und die Dinge als das zu beziffern, was sie eben manchmal sind. Machtmissbrauch oder Übergriffigkeit in therapeutischen Weiterbildungen.

Und da hört der schöne Spaß der Weiterbildungen auf.

Machtmissbrauch.

Puh. Großes Wort.

Aber Du hast richtig gelesen. Machtmissbrauch in therapeutischen Weiterbildungen. Jetzt ist es endlich mal raus, was mir lange, bestimmt schon gute 10 Jahre auf der Seele brennt und was kaum einer glauben mag, der es nicht selbst erlebt hat. Ich bereits mehrfach, darüber zu reden – habe ich mir lange nur in therapeutischen Zweiersettings oder im ganz vertrauten Rahmen getraut. Denn ja – so verrückt dieses Spielchen ist, ich habe tatsächlich eine Weile geglaubt, dass es ausschließlich an mir liegt, was da geschehen ist.

So ein Schrott.

Gott sei Dank habe ich irgendwann verstanden – das dem nicht so ist. Mit mir und mit Dir stimmt alles.

Machtmissbrauch in Weiterbildungen ist eine Form von Täterschaft, deren Verantwortung einzig und allein beim Täter liegt.

Und ja – ich gebe Dir Recht, dass auch das Wort Täter in dem Kontext erst mal sperrig daher kommt. Bei diesem Wort denken wir an Sexualstraftäter, Einbrecher oder andere Varianten in dieser Größenordnung.

Doch es gibt Zwischentöne. Das sind Worte, Gesten, Haltungen, Wertungen, Manipulationen – die hauen rein und gestandene Therapeuten um.

Heutzutage, mit einer Praxis und dem Fokus Traumatherapie bin ich diejenige, die Therapeuten hilft, sich wieder zu klären, sich wieder zu finden, sich innerlich gerade zu rücken und eben zu verstehen, dass da eine Form von Gewalt stattgefunden hat und das wir als Teilnehmende uns gegen solche Auswüchse auch positionieren dürfen – sollten und vor allem müssen.

 

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„Grundlagen zu Trauma und Traumafolgestörungen“ 

 

Und lassen wir doch ein wenig mehr zu diesem Thema ans Tageslicht.

Was passiert denn in solchen Weiterbildungen?

In erster Linie passiert Folgendes. Ein Therapeut bucht sich eine Weiterbildung und dann nimmt die Veranstaltung ihren Lauf. Man lernt die Teilnehmer kennen, der Dozent beginnt sich mit seiner Thematik und als Person zu positionieren. Die Gruppe entwickelt eine Dynamik. Soweit so gut. In der Regel lernen wir auf Weiterbildungen neue inhaltliche Aspekte, in therapeutischen Weiterbildungen trainieren wir paarweise oder zu Dritt aneinander oder führen Übungen in der Gesamtgruppe durch, diese werden dann in der Regel durch den Dozenten oder seine Assistenten angeleitet. Im auch Gott sei Dank häufig erlebten Idealfall hat man ein schönes Wochenende und geht voller Wissen und inspiriert nach Hause.

An anderer Stelle geschehen jedoch leider mal mehr oder weniger subtile Begebenheiten, die Teilnehmer an sich zweifeln lassen.

Ein paar wenige Beispiele:

In einer größeren Weiterbildung mit ungefähr 50 Teilnehmern, wurden immer mal wieder Fragen aus dem Publikum gestellt. Explizit einer Person wurde dabei so derartig oft über den Mund gefahren, dass ich mich insgeheim unglaublich geschämt habe. Und ich saß „nur“ dabei. Im Nachhinein schäme ich mich auch, dass ich das als Beobachterin erduldet habe – das die ganze Gruppe das einfach so hin genommen hat. Was hat das wohl mit der Betroffenen gemacht? (ich weiß es nicht – in dem Fall hatte ich nicht mit ihr gesprochen). Das perfide – in dieser Weiterbildung sollte es um Grenzen und unter anderem auch um Übergriffe gehen.

Aja.

Genau diese Weiterbildung nahm ihren Lauf und irgendwann fühlte ich mich von einem Impuls geritten und hatte irgendeinen Satz eingeworfen… die wirklich sehr betagte – das verbinde ich instinktiv mit erfahrene Dozentin sagt doch tatsächlich zu mir:

„Das kannst Du gar nicht wissen.“

Bääääm… Aha.

Doch. In dem Fall wusste ich es und war mir darüber auch sehr sicher und begann langsam zu verstehen, dass die Frau mit sich selbst in einen Konflikt verstrickt war und diesen hervorragend in dieser Weiterbildung auslebte.

Das seltsame Gefühl, nicht ganz in Ordnung zu sein – blieb jedoch bei mir.

Immer wieder sah ich im Verlauf dieser mehrteiligen Weiterbildungen vor allem Frauen weinend und wie kleine Häufchen Elend im Flur, im Rückraum der Vortragsräume oder auf der Terasse sitzen und ich dachte immer, das muss so. Die machen gerade einen Prozess durch. Nein, weit gefehlt. Nach Ende der Weiterbildung öffneten sich einige Teilnehmer und berichteten, wie sie letztendlich über die gesamte Dauer subtil manipuliert wurden. Immer unter dem Label: Therapeuten müssen an sich arbeiten.

Extrem furchtbar. Und kaum einer spricht drüber? Soll das so weitergehen?

In einer anderen Weiterbildung wollte eine Mit-Teilnehmern partout ein bestimmtes Kleidungsstück nicht ablegen. Die Kursleiterin war nahezu besessen davon, dass es so nicht geht. Diese Teilnehmerin wurde allen Ernstes vor der ganzen Gruppe angebrüllt – „Du ziehst jetzt xy aus.“ – Der blanke Wahnsinn. Und auch hier, sind wir alle anderen eigentlich nur erstarrt und waren wahrscheinlich froh, dass es uns nicht getroffen hat. Wohlbemerkt: Eine Gruppe von Erwachsenen. Die Weiterbildung: Eine Yogaweiterbildung, für die wir eine Menge Geld bezahlt haben.

Hoch lebe die Achtsamkeit.

Was ist das genau – was da an Machtmissbrauch in therapeutischen Weiterbildungen geschieht?

Na gut. Hier muss man sich zunächst die Grundstruktur oder die Konstellation mal anschauen, die solche Begebenheiten ermöglicht.

In einer Fachfortbildung erwarte ich, dass der Dozent deutlich mehr weiß als ich – und um dieses Wissen zu verstehen ordne ich mich zunächst unter. (das heißt, ich lasse all meine bisherigen Gedanken und Erfahrungen mal kurz hinter mir, um den Standpunkt dieses Dozenten zu verstehen.)

Mal plump ausgedrückt – ein Dozent hat eine Gruppe von Untergebenen vor sich und steht selbst auf einer Bühne. Auf einem Podest.

Und sicherlich hast Du das auch schon selbst erlebt… der eine sonnt sich in dem Gefühl und der andere wiederum ist ganz bescheiden und tut alles, damit nur gar keine Gefälle zwischen oben und unten oder gut und schlecht oder was auch immer entsteht. Wie man auch in Therapiesituationen so schön formuliert: „Auf Augenhöhe agieren“.

Hier merkst Du schon eine Tendenz, bei welchem der beiden grob beschriebenen Dozententypen eher Entgleisungen im Sinne von Machtmissbrauch geschehen „könnten“. Wohlbemerkt: Könnten.

Und dann haben wir die vielen verschiedenen Teilnehmer. Allesamt gestandene Persönlichkeiten – und ein paar von denen haben vielleicht Anteile in sich, die sich durch Machthaber erreichen lassen. Vielleicht sind das ängstliche Anteile, täterloyale Anteile oder allgemein unsichere Anteile.

Das lässt sich pauschal nicht sagen – und das möchte ich auch gar nicht werten.

In meinem Fall waren das zum Einen recht naive Anteile, die solche Machenschaften im Kontext von Weiterbildungen nie im Leben für möglich gehalten hätten und andererseits aber durch andere Lebensereignisse stark verunsicherte Anteile. Ja – es macht vor keinem Halt.

Und wenn diese beiden Persönlichkeiten aufeinandertreffen – ist zumindest die Chance gegeben, dass es zum Machtmissbrauch kommt.

Wenn Du jetzt in Dir fühlst: Glaube ich nicht, dann entgegne ich einfach dem Dozenten irgendwas passendes. Herzlichen Glückwunsch, dann bist Du wirklich gut mit Selbstsicherheit und guten Grenzen ausgestattet. Bewahre Dir das.

Wenn das Grundsetting in Richtung „Täter-Opfer-Gefälle“ stimmt, dann ist alles möglich. Die oben genannten Beispiele sind in meiner Auffassung auch stark unangenehm aber im Verhältnis wahrscheinlich noch recht harmlos. Da gibt es andere Sachen. Zum Beispiel:

  • Verbale Gewalt
  • Demütigung / Beschämung vor der ganzen Gruppe
  • verbale oder körperliche Übergriffigkeit
  • Anzüglichkeiten
  • körperliche Gewalt

In der Traumatherapie-Szene gehen wir davon aus, dass die sogenannten „menschengemachten Traumen“ oder „Man-made-Desaster“ am schwersten zu verarbeiten sind. Weil wir einfach nicht verstehen können, wieso uns ein Mensch so etwas antun kann. Dafür gibt es einfach keine tragfähige Erklärung.

Was tun wenn mir so etwas begegnet?

Wenn Du eine solche Situation beobachtest, scheu´ Dich nicht, die betreffende Person (Teilnehmer) ruhig mal anzusprechen und mitzuteilen, dass Dir dies und jenes aufgefallen ist. Und wenn die Frage Dein Gegenüber nicht überfordert – frag´ doch ruhig, ob Du irgendwas für diese Person tun darfst. Manchmal ist was nötig – manchmal nicht. Hinsehen ist auf jeden Fall eine schöne Geste und unterstützt Betroffene.

Wenn Dir so etwas selbst geschieht – zögere keine Sekunde, Dich ganz klar abzugrenzen und Dir professionellen Rat und Hilfe zu suchen, wenn Du merkst, dass Du nach solch´ einer Weiterbildung irgendwie nicht mehr die alte Person bist, viel weinst oder gefühlt neben Dir stehst. Das erlebe ich immer wieder, dass Osteopathen oder Yogalehrer nach Weiterbildungen leicht zerfleddert oder auch mal psychisch völlig demontiert zurückkehren. Mich macht das immer wieder sprachlos, was da so alles passiert – und im nächsten Schritt schaue ich einfach mit Betroffenen, was dann notwendig ist – um solche Begebenheiten aufzuarbeiten.

Abschließend kann ich nur sagen – es liegt ganz gewiss nicht an Dir. Ich habe mittlerweile mit einigen Therapeuten gesprochen, das Phänomen ist leider verbreiteter, als man glauben mag und es kommt in den allerbesten Häusern vor. Also auch bei den Weiterbildungen, die in der Szene ein hohes Ansehen haben.

Leider ist es so, dass entsprechende Dozenten häufig nicht im Ansatz das Gefühl haben, dass dieses Problem auch etwas mit ihnen zu tun haben könnten. Im härtesten Fall bekam ich standardmäßig immer wieder erklärt, dass würde an mir liegen und ich solle doch noch ein paar therapeutische Sitzungen nehmen. (klar, das kann ich wohl machen und habe ich auch – aber das wird das Problem nicht in Gänze lösen – denn es bräuchte ja zumindest einen ehrlichen Reflexionsprozess. Den es augenscheinlich so gut wie nie gibt – ich habe zumindest noch nie davon gehört).

Und es liegt auch irgendwie auf der Hand – so drucken wir Geld. Indem wir in Weiterbildungen die Teilnehmer abschießen, damit sie hinterher Therapie brauchen. Oh mein Gott.

Wenn Dir auch so etwas widerfahren ist – schreib´ mir gern an info@osteopathie-hintringer.de , mich würde das sehr interessieren. Denn im nächsten Schritt frage ich mich natürlich, was wir in unserer Weiterbildungslandschaft tun können, damit Menschen nicht derartig hart bezahlen müssen – nur – weil sie sich weiterbilden möchten.

Was meinst Du denn dazu? Schreib´ mir gern Deine Gedanken – hier unter den Blog oder als mail an: info@osteopathie-hintringer.de

 

Autorin: Sandra Hintringer

 

 

 

 

 

 

 

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